Cookie Consent by Free Privacy Policy Generator website Anerkennung statt Lob: Erfolgsfaktor Empathie – Kirsten Schrick

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Anerkennung statt Lob: Erfolgsfaktor Empathie

Anerkennung statt Lob: Erfolgsfaktor Empathie

Kaum eine Stel­lenanzeige kommt heutzu­tage ohne die Forderung nach Empathie aus. Sie ist eine Schlüs­selkom­pe­tenz und kann im Unternehmen­skon­text über das Wohl und Übel entscheiden.

Umfra­gen unter den Mitarbeiter:innen deutsch­er Unternehmen bescheini­gen unser­er Arbeitswelt einen regel­recht­en Lob­not­stand. Nir­gend­wo bekla­gen sich Mitarbeiter:innen mehr über die fehlende Men­schlichkeit im Unternehmen­sall­t­ag als in Deutsch­land. Dabei ist es längst keine neue Erken­nt­nis mehr, dass jed­er Men­sch für ein glück­lich­es Leben Anerken­nung, Aufmerk­samkeit und Liebe braucht. Wis­senschaftliche Exper­i­mente mit Säuglin­gen haben gezeigt, dass Kinder im Kleinkin­dal­ter ohne Aufmerk­samkeit und Zuwen­dung nicht über­leben kön­nen. Der Aufmerk­samkeit wird sog­ar eine größere Bedeu­tung beigemessen als der Art der Unterkun­ft und der Ver­füg­barkeit von Nahrung. 

Während Deutsch­land inter­na­tion­al als indus­triell fortschrit­tlich gilt, scheint es hierzu­lande deut­lich an der zwis­chen­men­schlichen Nähe zu fehlen. Der per­sön­liche Kon­takt wurde im Arbeit­sall­t­ag an Instru­mente abgegeben. Online-Mitar­beit­er­be­fra­gun­gen und Leis­tungs­beurteilun­gen von der Stange weichen dem bilat­eralen, zwis­chen­men­schlichen Aus­tausch und dem Umgang miteinan­der. Sie erzeu­gen so einen instru­mentellen Umgang mit dem Men­schen. Spez­i­fis­che und spon­tane Men­schlichkeit wird in Unternehmen aus Effizien­z­grün­den ver­mieden. Eine Schein­men­schlichkeit, die keines­falls die nötige per­sön­liche Aufmerk­samkeit und Anerken­nung erset­zen kann, ist bere­its Alltag.

Führen über Distanz

Auch durch die Führung auf Dis­tanz über Online-Kanäle opti­mieren wir die immer knap­per wer­dende Zeit im Arbeit­sall­t­ag. Der Preis, den wir hier­für allerd­ings bezahlen, heißt man­gel­nde Bindung, Nähe und Zuge­hörigkeit zu unser­er Arbeit, unseren Kolleg:innen oder

dem Arbeit­ge­ber. Die Mitarbeiter:innen sind unzufrieden, unmo­tiviert, unpro­duk­tiv oder kündi­gen dem Unternehmen. 

Ein Großteil der älteren Mitarbeiter:innen hat bere­its lange inner­lich gekündigt und die gefragte junge Gen­er­a­tion scheut keinen Arbeit­ge­ber­wech­sel. Wie kön­nen wir dem als Führungskraft ent­ge­gen­wirken? Das Stich­wort heißt Empathie. Wie aber wirkt die viel­gelobte, wichtig­ste Kom­pe­tenz ein­er Führungskraft von Heute?

Anerkennung statt Lob: Erfolgsfaktor Empathie

Was ist Empathie?
Freude an der Freude und Leid am Leid des Anderen, das sind die besten Führer der Menschen.“

(Albert Ein­stein)

Die Empathie wird als die Fähigkeit ver­standen, an den Emo­tio­nen ein­er anderen Per­son teilzuhaben und sie dadurch zu ver­ste­hen. Die Empathie ist ein Kom­pass. Sie navigiert den Umgang mit uns selb­st und mit unseren Mit­men­schen. Klarheit entste­ht, wenn wir uns in die emo­tionale Sit­u­a­tion eines Mit­men­schen hinein­ver­set­zen können.

Das Ver­hal­ten des Gegenübers wird nachvol­lziehbar­er und sorgt für Ori­en­tierung, die wiederum einen authen­tis­chen und präsen­ten Umgang ermöglicht. 

Laut dem US-amerikanis­chen Ökonomen Jere­my Rifkin ist die Empathie ein Entwick­lung­sprozess hin zu ein­er, der zen­tral­sten Fähigkeit­en des Men­sch­seins in der Abgren­zung zu anderen Säugetieren. Denn aus der Empathie kann Mit­ge­fühl erwach­sen. Das Mit­ge­fühl ist eine Leben­shal­tung, bei der man sich selb­st und seine Mit­men­schen erken­nt und annimmt, wie sie sind, ohne Manip­u­la­tion, ohne Über­he­blichkeit und ohne Be- oder Abw­er­tung. Sie lässt uns darüber reflek­tieren, dass die Prob­leme, die uns ger­ade das Leben erschw­eren, in der einen oder anderen Form auch andere Men­schen tre­f­fen, und dass — ganz all­ge­mein gesprochen — jed­er Men­sch schwierige Phasen durchmacht.

Wie lebe ich Empathie im Alltag?

Um Empathie auch tat­säch­lich im All­t­ag leben zu kön­nen, haben sich die fol­gen­den vier Schritte als hil­fre­ich erwiesen:

  1. Sich über sich selb­st klar sein.
  2. Den anderen ernst nehmen.
  3. Die eigene volle Aufmerk­samkeit der anderen Per­son schenken.
  4. Sich Zeit für den anderen nehmen und aufmerk­sam zuhören.

Was sich zunächst klar und kom­pakt zusam­men­fassen lässt, ist zumeist das Resul­tat eines län­geren Entwick­lung­sprozess­es. Instru­mente wie Acht­samkeit­strain­ing oder Med­i­ta­tion gewin­nen nicht nur deshalb an Pop­u­lar­ität in Unternehmen.

Empathie kann heilen 

Das durch Empathie entste­hende Mit­ge­fühl stärkt den Kör­p­er und die Seele und macht psy­chisch robuster. Offen und ein­fühlsam zu sein, wirkt sich auf nahezu alle Organe und Kör­per­sys­teme pos­i­tiv aus. Entzün­dungsreak­tio­nen, die bei ver­mehrtem Stress häu­figer entste­hen, treten sel­tener auf oder haben die Möglichkeit abzuheilen. 

Empathie macht die Kom­mu­nika­tion im Unternehmen lebendig. Sie vere­int die Organ­i­sa­tion und ist eine der notwendi­gen Säulen bei den ger­ade an Pop­u­lar­ität gewin­nen­den Trans­for­ma­tionsvorhaben wie New Work“. 

Nichts wirkt nur ein­seit­ig. Eine Führungskraft, die ver­sucht, Empathie zu entwick­eln , muss auch ler­nen sich von frem­den Emo­tio­nen abzu­gren­zen. Das bedeutet aber nicht, sich von eige­nen oder frem­den Emo­tio­nen abzuschnei­den. Nicht sel­ten kann ein sehr aus­geprägtes Ein­füh­lungsver­mö­gen dazu führen, dass sich Betrof­fene aus­genutzt fühlen oder tat­säch­lich auch aus­genutzt werden.

Anerkennung statt Lob: Erfolgsfaktor Empathie

Empathie und Anerkennung

Viele Konz­ern­mi­tar­beit­er bekla­gen immer wieder abge­drosch­ene, unglaub­würdi­ge und robot­er­hafte Phrasen ihrer Vorge­set­zten. Ern­st­ge­meintes Lob oder notwendi­ge Wertschätzung ver­puffen und kön­nen sog­ar einen gegen­teili­gen Effekt haben. Wer in der heuti­gen, dig­i­tal-geprägten Zeit sich­er­stellen will, dass seine

Anerken­nung nicht zur Phrasendrescherei verkommt, ist gut berat­en, einen empathis­chen, men­schlich-war­men Umgang auf Augen­höhe zu suchen.

Der Anerken­nende beurteilt sein Gegenüber nicht, son­dern äußert seinen pos­i­tiv­en Ein­druck von spez­i­fis­chen Ver­hal­tensweisen oder Hand­lun­gen. Die Anerken­nung kann immer bilat­er­al gegeben wer­den. Dies ist das Marken­ze­ichen eines Aus­tausches auf Augen­höhe: Er ist umkehrbar!

Die Anerken­nung ist empathisch und ehrlich, denn sie bringt dem Empfänger auch immer einen Infor­ma­tion­s­gewinn — im Gegen­satz zum Lob, welch­es beispiel­sweise plat­te Floskeln wie gut gemacht‘‘ oder ein Schul­terk­lopfen bein­hal­tet. So hat der Empfänger die Möglichkeit, sich tat­säch­lich per­sön­lich wert­geschätzt zu fühlen. Er kann aus der Anerken­nung für seine beru­fliche oder per­sön­liche Entwick­lung lernen.

Lob will manip­ulieren, fremd­s­teuern, jemand anderen dazu brin­gen, etwas zu tun, das dem Loben­den nützt.“ 

Quelle: Fach­magazin Per­son­alführung“ (Aus­gabe Sep­tem­ber 2006). Das Inter­view führt Thomas Hartke (S.30 – 37)

Im Gegen­satz zur Anerken­nung kon­terkari­ert Lob die Selb­st­ständigkeit und Eigen­ver­ant­wor­tung des anderen. Lob wird manip­u­la­tiv einge­set­zt und hat neg­a­tive Kon­se­quen­zen. Die irreführende Sprach­münze des Lobs führt zu wenig Aufmerk­samkeit. Stattdessen kann durch die Anerken­nung eine Wertschätzung auf der per­sön­lichen Ebene erre­icht wer­den, die von Respekt, Ver­trauen und Nicht-Ein­mis­chung geprägt ist. Dafür muss die Führungskraft allerd­ings einen Blick auf sich selb­st richt­en, sich selb­st beobacht­en und sich richtig einschätzen.

Anerken­nung im Beruf­sall­t­ag leben

Anerken­nung lässt sich im All­t­ag an fol­gen­den Indizien erken­nen. Sie ist ausschließlich:

  • pos­i­tiv
  • wertschätzend
  • konkret
  • spez­i­fisch
  • unmit­tel­bar
  • echt
  • ehrlich
  • empathisch.

Das oft­mals viel beschworene Sand­wich-Feed­back‘‘ ist für zielführende Anerken­nung lei­der psy­chol­o­gisch höchst inef­fizient. Beim Sand­wich-Feed­back wer­den pos­i­tive Floskeln genutzt, um kri­tis­che Anmerkun­gen einzuhüllen. Dabei über­hört der Empfänger meist das pos­i­tive Feed­back, weil seine Aufmerk­samkeit auf das neg­a­tive fokussiert. Das neg­a­tive Feed­back kön­nen die meis­ten Men­schen nicht richtig annehmen, geschweige denn umset­zen. Die Anerken­nung wirkt also nur dann wirk­lich, wenn sie als auss­chließlich pos­i­tives und wertschätzen­des Feed­back gegeben wird. Damit die Anerken­nung ein bes­timmtes Ver­hal­ten ver­stärkt, soll­ten ihre essen­ziellen Eigen­schaften beachtet werden:

  • Echtheit: Ich gebe Dir Rück­mel­dung, weil ich es wirk­lich anerken­nenswert finde, was Du tust.
  • Ehrlichkeit: Ich sage Dir ehrlich, was ich von Deinem Ver­hal­ten halte.
  • Empathie: Ich ver­ste­he, welche Mühen Dich Dein Ein­satz kostet. Mir ist bewusst, was mir Dein Ein­satz bedeutet.


Die Anmerkun­gen soll­ten zeit­nah auf das Ver­hal­ten fol­gen und konkrete Ver­hal­tensweisen ansprechen, die anerken­nenswert erscheinen.

Poten­tial der Anerken­nung
Anerken­nung macht den Men­schen zu einem Menschen.“

Quelle: Fach­magazin Per­son­alführung“ (Aus­gabe Sep­tem­ber 2006). Das Inter­view führt Thomas Hartke (S.30 – 37)

Durch die Schaf­fung ein­er gemein­samen, gegen­seit­i­gen Weit­er­en­twick­lungsat­mo­sphäre trägt die Anerken­nung zur betrieblichen und per­sön­lichen Entspan­nung sowie zum Wohlbefind­en bei. Die gelebte Anerken­nungskul­tur begrün­det eine Gle­ich­w­er­tigkeit auf Augen­höhe und dient als Fun­da­ment des Ver­trauens. Wohinge­gen das Lob das hier­ar­chis­che Gefälle ver­stärkt und eine Abhängigkeit von der Führungskraft erzeugt. Nicht sel­ten führt dies zur Ver­stärkung vorhan­den­er Probleme. 

Die Anerken­nung erle­ichtert eine wirk­same Fehlerkul­tur. Da sie bidi­rek­tion­al läuft, bekommt die Führungskraft eben­falls eine wertvolle Rück­mel­dung von ihren Mitarbeiter:innen und prof­i­tiert auch selb­st auf mehreren Ebe­nen von diesem Ansatz.

Self-Check:

  • Wann füh­le ich mich in der Lage, meinem Gegenüber zuzuhören und emphatisch zu sein?
  • Wie sieht meine Zeit ger­ade aus? Gestresst? Beschäftigt? Ruhig?
  • Wie sieht mein per­sön­lich­er Energiehaushalt aus?
  • Wie viel Inter­esse habe ich an meinem Gegenüber/​meinen Mitarbeiter:innen?
  • Was finde ich am Ver­hal­ten mein­er Mitarbeiter:innen echt anerkennenswert?
  • Wie gehe ich auf den Ein­satz mein­er Mitarbeiter:innen ein?
  • Wie gebe ich hierzu eine ehrliche Rückmeldung?
  • Wie oft achte ich auf die Kör­per­sprache von Menschen?
  • Wie merke ich, dass es meinem Gegenüber schlecht geht?
  • Wie schw­er fällt es mir, mich emo­tion­al von anderen Men­schen abzugrenzen?

Lit­er­aturhin­weise:

Rein­hard K. Sprenger: 

  • Mythos Moti­va­tion – Wege aus ein­er Sack­gasse, Cam­pus Ver­lag, 20. Auflage (10. Sep­tem­ber 2014)
  • Mit Lob bringt man die Frei­heit um, Fach­magazin Per­son­alführung“ (Aus­gabe Sep­tem­ber 2006). Das Inter­view führt Thomas Hartke (S.30 – 37)

Wern­er Bartens

  • Empathie: Die Macht des Mit­ge­fühls – Weshalb ein­fühlsame Men­schen gesund und glück­lich sind, Droe­mer Knaur Ver­lag, 1. Aus­gabe (4. Mai 2015)

Jere­my Rifkin

  • Die empathis­che Zivil­i­sa­tion – Wege zu einem glob­alen Bewusst­sein, Cam­pus Ver­lag (18.01.2010)

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