Es ist Zeit für einen Mutausbruch!
In einer Zeit, die von Angst geprägt ist, ist Mut nicht weit. Mut ist unsere Pforte zur neuen Kraft.
Doch wie finden wir hinein in unseren Mut? Drohen wir uns dabei nicht zu überschätzen und unnötige Risiken einzugehen? Wie können wir unterscheiden, welchem inneren Impuls wir folgen können und wann wir unseren Mut zusammennehmen sollten?
Mut ist wichtiger denn je, und gleichzeitig war es nie leichter, den Mut angesichts der aktuellen Pandemie-Situation zu verlieren. Finden wir aber gerade in diesen schwierigen Zeiten in unseren Mut, kommen wir leichter von der Krise in unsere innere Kraft.
„Mut ist notwendig, weil man sonst in seiner Persönlichkeitsentwicklung stagniert. Mutig sein heißt, neue Wege zu beschreiten und über Grenzen, die nur scheinbar vorhanden sind, hinauszugehen. (Siegbert A. Warwitz)
Es ist der Umgang mit unserer Angst, der auch die Entwicklung unseres Mutes fördert. Angst und Mut sind daher eng verwoben und müssen gemeinsam betrachtet werden, wenn wir durch die Angst in den Mut finden wollen.
Was ist Mut?
Furchtlose Menschen haben auch Angst. Genauso wie die furchtvollen Menschen nehmen sie diese wahr und ernst. Der entscheidende Unterschied ist, dass furchtvolle Menschen der Angst nachgeben, während scheinbar furchtlose Menschen weitergehen – trotz und mit dem Angstgefühl. Der mutige Mensch geht ins Neue, ins Unbekannte.
„Mut heißt, trotz aller Ängste ins Unbekannte zu gehen. Mut heißt nicht, keine Angst zu haben. Furchtlosigkeit stellt sich ein, wenn man mit jedem Mal mutiger und mutiger wird.“ (Osho)
Angst ist ein sinnvolles Gefühl. Sie macht uns wach und lebendig. Die so gewonnene Aufmerksamkeit und Umsichtigkeit können uns vor Gefahren bewahren. Wie so häufig im Leben kommt es auch hier auf die Balance an.
„Der Mutige hält sich in der Mitte zwischen Furcht und Zuversicht.“ (Aristoteles)
Mesotes, so nannten die griechischen Philosophen die (goldene) Mitte zwi-schen zwei einander entgegengesetzten Extremen. Das „Übermaß“, auch als Tollkühnheit definiert, und der „Mangel“, die Feigheit, bilden in diesem Fall die beiden Pole.
Tendenziell sind die meisten von uns eher dem „Mangel“-Pol zugewandt. Wir schätzen die vermeintliche Sicherheit des Status quo. Um die Mitte zu erreichen, benötigen wir also häufig die Bewegung hin zur mehr „Tollkühnheit“. Die dazu notwendige Ermutigung können wir sowohl von innerhalb als auch von außerhalb beziehen.
Was stärkt Mut?
Wie können wir unseren Mut von innen so stärken, dass er uns zu führen vermag, anstatt vor der Angst komplett Halt zu machen? Das Wort selbst kann uns einen Hinweis liefern. Im Englischen heißt Mut “courage” und trägt den lateinischen Wortstamm “cor” in sich: das Herz!
„Aus dem Herzen leben heißt, einen Sinn entdecken, denn unser Herz ist der beste Navigator für ein gemeinsames und aufrichtiges Leben.“ (Osho)
Mutig sein kann daher auch bedeuten, aus dem Herzen zu leben und ihm zu folgen. Die Redewendung “etwas beherzt anzugehen” ist ein weiteres Indiz für diese alte Weisheit. Die heutige Wissensgesellschaft hat uns mehr ins Gehirn, in den Verstand und weg vom Herzen gebracht. Wir täten daher gut daran, die Beziehung zu unserem Herzen wiederherzustellen und es intensiver zu spüren.
Ein Anliegen des Herzens ist zutiefst mit unserem Sein, mit unserem Wesen verbunden. Wir spüren es tief in uns – nicht als rationalen Gedanken, sondern als Anliegen, das uns erfüllt. Ein Anliegen unterscheidet sich von einem Ziel. Ein Ziel können wir irgendwann erreichen und sehen uns vor die Frage nach dem nächsten Ziel gestellt. Irgendwann sind alle Ziele er-reicht, aber was machen wir dann? Ein Anliegen hingegen kann uns ein Leben lang begleiten. Und gerade deshalb gibt es uns mehr Orientierung und Glück als kurzfristige Ziele, sagt unter anderem auch der Neurobiologe Gerhard Hüther.
Herzensangelegenheit
Im hektischen Alltag können wir das Herz leicht überhören und seine Botschaft an uns als Luxusprobleme abtun, denen wir uns dann, irgendwann später, widmen würden. Unsere Herzensanliegen können uns auch als ungewöhnlich oder gar irritierend erscheinen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie gegen unsere Prägungen, kulturellen Konditionierungen oder gesellschaftliche Normen gehen.
Doch können wir es uns leisten, die Herzenswünsche zu unterdrücken oder diese gar zu ignorieren? Immer wieder werden wir zu dem Moment kommen, wo wir uns entscheiden können: dem Herzensanliegen zuzuhören, ihm zu trauen und zu folgen oder weiterzumachen – wie bisher. Nur halt etwas mehr nach rechts oder etwas mehr nach links.
Herz gegen Verstand
Indem wir unserem Verstand folgen, wiederholen wir zumeist vergangene Erfahrungen. Der Verstand schöpft nämlich aus unseren Erinnerungen und pocht auf eine Sicherheit, die sich nur allzu oft als Schein entpuppt. Das Herz schlägt anders. Es träumt vom Zukünftigen. Das Herz hofft und wirkt im Gegensatz zum Verstand nicht berechnend. Dieser kann schon mal einem Geschäftsmann gleichen: dies für das.
Doch ganz so einfach funktioniert diese Welt nicht. Der Verstand ist ein mächtiges Werkzeug und unterscheidet uns von anderen Lebewesen auf diesem Planeten. Dennoch ist es ein Werkzeug und kein Wegweiser. Der Verstand kann leicht überfordert werden, und die aktuelle Lage zeigt es uns deutlich: Zu viel passiert zeitgleich und erreicht uns immer unmittelbarer. All diese Inputs, die Zusammenhänge und die daraus abzuleitenden Taktiken können wir nicht mehr berechnen. Die Resultate verhalten sich zunehmend anders als angenommen.
Vergeblich suchen wir in einer stets komplexer werdenden Welt nach linearen und eindimensionalen Kausalitäten. Doch die Realität ist anders. Die vielfältigen Verquickungen zwingen uns zur Akzeptanz eines multi-phänomenalen Kosmos. Verschiedene Ursachen bedingen scheinbar davon losgelöste Auswirkungen. Wir wundern uns, wie wir zu einem Phänomen beitragen konnten, aber die Zusammenhänge entziehen sich häufig dem Grad unserer Bewusstheit.
Betrachten wir die Orte, an denen sich die Ursachen und deren Wirkung treffen, können wir unsere Bewusstheit erhöhen. Es sind diese Wirkungs-orte, auch als Hotspots bezeichnet, wo sich die Phänomene zu verdichten scheinen. Hier werden uns manche Ursachen und Wirkungen durch ihr Aufeinandertreffen bewusst. Oftmals wundern wir uns dennoch, weshalb uns dies oder das passiert, und fühlen uns dem Schicksal ausgeliefert. Doch es sind ebendiese Hotspots, die uns dazu befähigen können, in unseren Mut zu gehen und neue Kraft zu finden.
Ein biografischer Knick kann daher auch ein „Lebens-Kick“ werden. Wenn wir mit der Kraft des Herzens den Mut haben, einen Entscheid zu treffen, um Neuland zu betreten, kommen wir in eine neue Kraft.
Mut zur Veränderung
Es gibt Situationen, die eine genaue vorherige Berechnung und Abwägung benötigen. Sie stellen aber nicht 100 % der Grundgesamtheit aller Lebenslagen dar. Häufig sind es die wichtigsten Entscheidungen unseres Lebens, die wir ganz ohne Business-Plan oder Zahlengefüge treffen. Nicht immer führen sie uns auf den einfachsten, sichersten oder fehlerfreien Weg. Sie folgen jedoch öfters unserem Herzen. Es sind diese Entscheidungen, die unser Leben bereichern und Erfüllung, Glück und Zufriedenheit bedeuten können. Ist unser Herzensanliegen wirklich stark, so bringen wir auch den Mut auf, an die Grenze unserer Komfortzone zu gehen.
Die Hände schwitzen, es wird einem mulmig und die Frage donnert uns durch den Kopf: “Warum tue ich mir dies gerade an?” Wenn sich das Anliegen so stark bemerkbar macht, kommt auch die Angst und vielleicht sogar die Panik. Die Grenze der Ungewissheit macht uns zu schaffen. Neuland zu betreten, ist nie einfach, und manchmal müssen wir mit kleinen, vorsichtigen Schritten gehen oder aber doch den beherzten Sprung wagen.
Die “Mutzone” ist ein Ort des Wachstums. Hier sammeln wir neue Erfah-rungen, Eindrücke und Erkenntnisse. Das Unbekannte birgt den Reiz in sich, welcher sich zur Freude, gar Euphorie entfalten kann. Es sind diese Augenblicke, in denen das Routineleben seinen eintönigen Kokon abstreift und sich in ein Abenteuer verwandelt.
Diese persönlichen Grenzüberschreitungen stärken unser Selbst-Vertrauen und damit die wichtigste Säule unserer Psyche. Hier entstehen neue neuronale Verknüpfungen, die unserem Verstand die Möglichkeit geben, das Vertrauen in uns selbst zu stärken. Eine kritische Eigenschaft, die nicht alle von uns aus dem Elternhaus oder dem eigenen Umfeld ins Erwachsenenleben mitbringen konnten. Durch die Angst in den Mut führt der Weg zur neuen Kraft. Ob nun ein Sprung oder graduelle Schritte – es lohnt sich immer, sich mit dem Herzen zu verbinden und ihm zu folgen.
Self-Check:
- Welche neuen Erkenntnisse habe ich zum Thema “Mut” gesammelt?
- Was bedeutet Mut für mich? Was verbinde ich mit Mut?
- Wann war ich zuletzt mutig? Wann tollkühn? Und wann feige?
- Wie habe ich mich danach gefühlt, als ich zum letzten Mal etwas Mutiges getan habe?
- Wie würde sich mein Leben ändern, wenn ich mehr Mut für (…) hätte? Was bewegt mich wirklich?
- Wieso kann ich nicht mutiger handeln? Was oder wer hält mich ab?
- Wann bin ich mit meinem Herzen im Kontakt?
- Wann habe ich zuletzt nur auf mein Herz gehört?
- Was könnte ich dann neu in meinem Leben etablieren, einführen, ausprobieren?
Literaturhinweis:
Osho:
- Mut. Lebe wild und gefährlich, Allegria Verlag, 7. Edition (1. Januar 2007)
Bea Engelmann:
- Therapie-Tools Positive Psychologie: Achtsamkeit, Glück, Mut (Beltz Therapie Tools, Originalausgabe Edition (03. Dezember 2015)