Cookie Consent by Free Privacy Policy Generator website Was wir bewegen - Mein Interview mit Michael… – Kirsten Schrick

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Was wir bewegen - Mein Interview mit Michael Walterspiel

Was wir bewegen - Mein Interview mit Michael Walterspiel

Im Juli 2024 hat­te die Zürcher Kan­ton­al­bank AG bekan­nt­gegeben, dass sie ihre öster­re­ichis­che Tochter zum Jahre­sende an die Liecht­en­steinis­che Lan­des­bank (LLB) verkaufen wird.

Für die Mitar­bei­t­en­den der Zürcher Kan­ton­al­bank Öster­re­ich (ZKB) begann damit eine Phase voller Unsicher­heit. Wenig klar war: Welche Zukun­ft erwartet die Teams? Wer kann bleiben? Wer würde gehen müssen?

Die Geschäft­sleitung entsch­ied sich, diese Zeit bis zum Jahreswech­sel proak­tiv zu gestal­ten. Im Rah­men der Mitarbeiter:innen-Informationsreihe Sun­down­er“ durfte ich einen Impulsvor­trag zum The­ma Resilienz in Zeit­en der Verän­derung“ hal­ten. Wenige Monate später – im Novem­ber 2024 – fol­gte eine Führungskräftekon­ferenz, die ich konzip­iert und mod­eriert habe. Dort haben wir u.a. inten­siv mit der Change-Kurve nach Kübler-Ross gear­beit­et – als Diag­nose- und Ori­en­tierungsinstru­ment, das sicht­bar macht, wo Men­schen in einem Verän­derung­sprozess ste­hen. Ziel war es, Ori­en­tierung zu geben, Emo­tio­nen ernst zu nehmen und die Führungskräfte für ihre Rolle im Merg­er zu stärken.

Ein Jahr später habe ich mit Michael Wal­ter­spiel gesprochen, der damals Per­son­alvor­stand der ZKB war. Heute ist er Inte­gra­tions­man­ag­er bei der LLB.

Michael, wenn Du auf die Phase nach dem Verkauf zurück­blickst – wie hast Du die Stim­mung und die größten Her­aus­forderun­gen erlebt?

Die Stim­mung war anfangs von Fas­sungslosigkeit geprägt. Viele Mitar­bei­t­ende fühlten sich im Stich gelassen, im wahrsten Sinne des Wortes verkauft“. 

Es herrschte Ungläu­bigkeit und Abwehr. Die größte Her­aus­forderung war die Kom­mu­nika­tion: Es gab unzäh­lige Fra­gen ohne Antworten.“

In der Führungskräftekon­ferenz haben wir das The­ma Emo­tio­nen gle­ich zu Beginn ange­sprochen. Wie wichtig war das für die Teilnehmenden?

Extrem wichtig. Emo­tio­nen vernebeln“ das Denken. Wenn sie keinen Raum bekom­men, erre­ichen ratio­nale Argu­mente nie­man­den. Erst wenn die Emo­tio­nen Platz haben, kön­nen diese Gedanken begin­nen zu wirken. Das war ele­men­tar für den Erfolg des Integrationsprozesses.“

Wir haben damals auch mit per­sön­lichen Ressourcen gear­beit­et. Wie hast Du die Arbeit und ihre Wirkung erlebt?

Das war wichtig – aber der Effekt hielt nur kurz. Im Zuge der Verän­derung ist das Ressourcenbe­wusst­sein schnell ver­schwun­den. Wir haben es damals nicht sys­tem­a­tisch weit­erge­führt. Erst später, im Rah­men der Umset­zung unseres Change-Konzepts, sind Coach­ings und Eige­n­analy­sen dazugekommen.“

Welche Bedeu­tung hat­te die Arbeit mit der Change-Kurve für Dich und die Teilnehmenden?

Für mich per­sön­lich und für viele Führungskräfte war sie extrem wertvoll. Die Kurve macht unter anderem sicht­bar, dass Rückschritte dazuge­hören. Dieses Bild hat uns geholfen, mehr Ver­ständ­nis füreinan­der zu entwickeln. 

Wir neigen als Führungskräfte dazu, von uns selb­st auszuge­hen – die Kurve zeigt, dass jed­er seine eigene Phase durch­läuft. Und das ist in Ordnung.“

Was wir bewegen - Mein Interview mit Michael Walterspiel

Wir haben damals auch an Nar­ra­tiv­en gear­beit­et – weg von Opfer­rollen, hin zu selb­st­gestal­tenden Hal­tun­gen. Wie hat sich das aus dein­er Sicht ausgewirkt?

Die Nar­ra­tive aus dem Work­shop haben sich nicht dauer­haft gehal­ten. Aber sie haben ein Bewusst­sein geschaf­fen, dass es über­haupt unter­schiedliche Erzäh­lun­gen gibt, die eine Organ­i­sa­tion prä­gen. Danach sind sowohl pos­i­tive als auch neg­a­tive Nar­ra­tive ent­standen. Manche Teams sagten: Wir machen unseren Job bis zum Ende gut.“ Andere erlebten Verän­derun­gen als umständlich oder schlechter als zuvor. Nar­ra­tive entste­hen durch das Erleben der Menschen.“

Und ganz per­sön­lich: Was hast Du für Dich aus unser­er Zusam­me­nar­beit mitgenommen?

Es war ein echt­es Change-Erleb­nis. Ich habe gel­ernt, Sit­u­a­tio­nen bre­it­er zu betra­cht­en und stärk­er aus der Per­spek­tive der Mitar­bei­t­en­den zu sehen. Meis­tens nimmt man doch vieles durch die eigene Brille wahr. Wieder habe ich erfahren: Führung heißt, die Sichtweise der anderen einzunehmen. Das hat mein Führungsver­ständ­nis und ‑ver­hal­ten nach­haltig verändert.“

Mir zeigt das:
Organ­i­sa­tio­nen leben von Geschicht­en. Sie lassen sich ini­ti­ieren, lebendig durch das, was Men­schen erleben. Darum gibt es in Change-Prozessen fast immer mehrere Nar­ra­tive gle­ichzeit­ig: hoff­nungsvolle, die Mut machen, und skep­tis­che, die eher von Frust oder Trauer geprägt sind. Diese Vielfalt auszuhal­ten, gehört zur Real­ität von Veränderung.