Cookie Consent by Free Privacy Policy Generator website Der 300. Geburtstag von Kant – Kirsten Schrick

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Der 300. Geburtstag von Kant

Im ver­gan­genen Herb­st habe ich in der Bun­deskun­sthalle in Bonn eine großar­tige Ausstel­lung besucht. Der Titel lock­te mich: Immanuel Kant und die offe­nen Fragen“. 

Der 300. Geburtstag von Kant
Illustration: polterink

Während des Besuch­es wurde mir schnell klar: Dieser Philosoph, vor 300 Jahren am 22. April 1724 in Königs­berg (heute Kalin­ingrad) geboren, ist aktueller denn je. So ent­stand die Idee für diesen Newslet­ter mit dem Titel: Kant für Manager:innen“.

Keine Frage – Kant lebte unter völ­lig anderen poli­tis­chen und gesellschaftlichen Bedin­gun­gen. Was wir bedenken dür­fen ist, dass er als Denker der Aufk­lärung an ein­er der bedeu­tend­sten Ein­schnitte der Geschichte beteiligt war – der Franzö­sis­chen Rev­o­lu­tion. Kant hat­te eine kom­plexe Hal­tung dazu. Anfangs war er enthu­si­astisch für die Ide­ale der Rev­o­lu­tion, ins­beson­dere für die Ideen von Frei­heit, Gle­ich­heit und Brüder­lichkeit. Er sah die Rev­o­lu­tion als einen Weg zur Emanzi­pa­tion der Men­schen und zur Errich­tung ein­er gerechteren Gesellschaft. Jedoch änderte sich seine Mei­n­ung, als die Rev­o­lu­tion in Gewalt und Ter­ror umschlug. Kant verurteilte die Gewalt­tätigkeit­en und den Ver­lust von Men­schen­leben, die mit dem radikalen Flügel der Rev­o­lu­tion ein­hergin­gen. Trotz sein­er Kri­tik an den Auswüch­sen hielt er an seinem Engage­ment für die Ide­ale der Aufk­lärung fest, ins­beson­dere für die Ideen der moralis­chen Autonomie und der Rechtsstaatlichkeit.

Kant war wirk­lich ein freier Geist. Eine Grund­lage war dafür vielle­icht sein peni­bel geregeltes Leben. Der Dichter Hein­rich Heine machte sich über diesen Lang­weil­er“ lustig. Kant lebe ein mech­a­nis­ches, geord­netes“ Leben. Dieser außergewöhn­lich diszi­plin­ierte Tagesablauf ermöglichte es ihm, erfol­gre­iche philosophis­che Werke zu schreiben und gle­ichzeit­ig eine Lehrtätigkeit als Pro­fes­sor unter anderem für Logik und Meta­physik in Königs­berg auszuüben. Span­nend ist für mich die Par­al­lele zu mein­er amerikanis­chen Lehrerin Gabrielle Roth. Im Jan­u­ar 2010 fragte sie die Teilnehmer:innen eines Work­shops: Do you have the dis­ci­pline to be a free spir­it?“ Diszi­plin ist für sie eine dynamis­che Energie, die uner­lässlich für die eigene Entwick­lung ist. Diszi­plin ist wie ein Sprung­brett, das uns zu den wesentlichen Din­gen führe. Je mehr Diszi­plin wir prak­tizieren, desto mehr Ver­ant­wor­tung kön­nen wir übernehmen. Bei­de Qual­itäten arbeit­en zusam­men, set­zen einen Fokus und sind damit eine Grund­lage für einen freien Geist. Heine hätte nicht schlecht über Gabrielle Roth gestaunt.

Diszi­plin hat heute oft noch einen muf­fi­gen Geschmack. Es lohnt sich jedoch darüber nachzu­denken, welche pos­i­tive Wirkung Diszi­plin im Beruf­sleben haben kön­nte – allein bei der immer wieder kri­tisierten Besprechungskul­tur! In fast allen Organ­i­sa­tio­nen wird über Meet­ings gemeck­ert – gle­icher­maßen gibt es nicht viele Unternehmen, die Agen­den ver­schick­en, Meet­ings vor- und nach­bere­it­en. Das braucht Diszi­plin – nur, dass dieser Kraftakt nicht immer gemeis­tert wird. Wie viele To Do’s und Verabre­dun­gen ver­sanden in der Wüste der Unverbindlichkeit und des Vergessens? Auch hier wären Diszi­plin und Ver­ant­wortlichkeit die geeigneten Gegenmittel. 

Es ist auch ein weitver­bre­it­eter Irrtum, dass ein fremdges­teuertes, getak­tetes Leben ein diszi­plin­iertes ist. Es ist gefüllt – auch mit viel Über­flüs­sigem und Mist. Diszi­plin ist in der Lage, Deine eige­nen Rhyth­men, Zeit­en und Rit­uale für bes­timmte Tätigkeit­en zu definieren, die sin­nvoll sind und Dir gut­tun. Frage Dich ein­mal, ob Du Rou­ti­nen eigen­ver­ant­wortlich ausüb­st – oder ob Du aus­geübt“ wirst – von wem und was auch immer. Solche Regelmäßigkeit­en geben Dir dann auch ganz bewusst Räume des eige­nen Nachsin­nens und Denkens. 

  • Über­prüfe Deine per­sön­liche Lebens­diszi­plin. Wann und wie erleb­st Du sie? Beim regelmäßi­gen Sport, Spazierenge­hen, Essen … 
  • Wie sieht es mit der Selb­st­be­herrschung in Deinem Beruf­sleben aus? Gibt es eine Hal­tung des Zuhörens? Des Ausre­den­lassens? Kant würde wahrschein­lich die Hände über dem Kopf zusam­men­schla­gen, wenn er die Diskus­sion­skul­tur in vie­len Unternehmen erleben würde. Statt eines Diskurs­es würde er par­al­lele Monologe beobacht­en, die sel­ten auf Aspek­te des Vorred­ners einge­hen. Ich bin mir sich­er, dass er den man­gel­haften Erken­nt­nis­gewinn dieser Gespräche nicht gutheißen würde.
  • Für Kant war der freie Geist sein Lebenselix­i­er. Wie frei empfind­est Du den Geist in Deinem Team? Was und wie denkt Ihr, tauscht Ihr Eure Ideen aus? Wie inspiri­erend seid Ihr für Euch und andere?